texte

Jjjaaa

«Jjjaaaa», sagte mein Lebensgeist, «Jjja, ich bin wieder da!»

«Endlich», entgegnete ich. «Wo warst du, ich habe dich vermisst!»

«Ich war so was von müde!»

«Aber warum? Wir hatten es doch so schön in den letzten Tagen: Schöne Begegnungen mit Menschen, viel gearbeitet, Kurse vorbereitet. Genau das willst du doch!»

«Ach ja?», fragte mein Lebensgeist verwundert.

«Klar. DU wolltest nicht mehr all die Büroarbeit machen und jetzt endlich ist es soweit, dass du so schöne Dinge tun kannst und was machst du? Du verlässt mich und hast mich meinen Kopfschmerzen überlassen!»

«Ich war immer da, das weisst du genau. Nur, ich musste mich erholen. Dazu brauchte ich nicht Menschen, sondern Ruhe.»

«Stimmt. Ich weiss. Du brauchst viel Ruhe.»

«Jaaaaa!», nickte der Lebensgeist freudig.

«Und dazu hatte ich keine Zeit, entschuldige. Aber weisst du was? Manchmal, da sitze ich vor dem leeren weissen Blatt und du bist nicht da!! Warum bloss?»

«Wenn du dir genug Zeit nimmst und mich rufst, so komme ich immer», sagte mein Lebensgeist.

«Aber habe dich ja gerufen!», rief ich verzweifelt. «Was willst du noch?»

«Ach ja? Dann war es wohl noch immer zu laut. Ich konnte dich nicht hören. Lass es ruhiger werden, damit ich dich hören kann. Ich möchte bei dir sein, aber wenn du mich nicht rufst, kann ich nicht kommen. Und wenn ich nicht bei dir sein darf, werde ich müde und schlafe. Ruf mich aus vollem Herzen. Dann will ich bei dir sein, ich, dein Lebensgeist.»







Was ist kreativ?

Was, du bist nicht kreativ? Wie war das noch das letzte Mal, als du unerwartet Gäste hattest: Das Dessert, das du da innert kürzester Zeit hingezaubert hattest, weisst du noch? Du hast so fantasievolle Zutaten gewählt, und es war sensationell gut. Sogar eine übrig gebliebene Schokoladekugel war Teil des Desserts. Weil du alles verwerten möchtest und keine Resten wegwirfst. Das ist kreativ.

Überhaupt, was du in der Küche Gutes für deine Liebsten tust, ist erstaunlich. Manchmal bleibt nicht viel Zeit, um zu entscheiden, was du kochst. Und zum Kochen müssen manchmal 15 Minuten reichen. In kürzester Zeit zu entscheiden, dazu braucht es Kreativität. Dass die Mahlzeit wenige Minuten später gegessen ist, ist dann wieder ein anderes Thema…

Weisst du eigentlich, wie schön du die Blumen immer arrangierst? Ausser dir bemerkt es vielleicht keiner. Und doch, würdest du das nicht tun, würde das Fehlen bemerkt. Du tust so viel Gutes für deine Familie, das gleichzeitig sehr kreativ ist.

Oder braucht es nicht auch Kreativität, um einen vollen Wäschekorb zusammen mit dem Wäscheständer und womöglich noch anderem gleichzeitig die Treppe hoch zu balancieren? Vielleicht musst du dazu noch Kinderfragen beantworten?

Kreativität braucht es auch, um all deine Aufgaben unter einen Hut zu bringen: Vielleicht arbeitest du ausser Haus, gegen Bezahlung. Vielleicht arbeitest du auch «nicht». Ich bin sicher, du leistest ganz viel, wie Hausarbeiten, deine Besuche und Unterstützung bei den Eltern und Schwiegereltern, das Kinder- oder sogar Enkelkinderhüten, einer Freundin zuhören, der es gerade nicht so gut geht, deine Aufgabe im Verein etc.

Du singst? Singen sei nur ein Hobby, sagst du? Weisst du, wie vielen Menschen du damit Freude bereitest? Egal, ob auf der Strasse oder im Chor: Du wirst gehört. Und dein Gesang und deine Ausstrahlung stecken an. Das ist auch kreativ.

Eine völlig unterschätzte kreative Arbeit ist übrigens auch Ordnung schaffen. Wie kriege ich alles in diesen Schrank und dazu soll es übersichtlich und schön aussehen. Sei stolz, wenn du wieder mal einen Schrank kreativ aufgeräumt hast.

Du BIST kreativ. Sehr oft sogar. Manchmal siehst du es einfach nicht. Würdest du es besser sehen, könntest du aus dieser Kreativität noch mehr Kraft schöpfen und stärker werden. Weil diese Kreativität etwas Wundervolles, etwas Heiliges ist, das dich beflügelt. Heilig kommt übrigens von heilen. Mit der Kreativität heil werden. Darum ist Kreativität so wichtig – sie heilt dich!



Die förig Stond

Heute hatte ich plötzlich eine Stunde übrig, also förig, wie es in Mundart so schön heisst. Ja, dass passiert mir tatsächlich manchmal, wenn mein Tag anders verläuft als ursprünglich geplant. Eigentlich wollte ich nämlich in mein Atelier, doch als endlich alles so weit war, dass ich hätte gehen können, blieb genau eine Stunde, bis ich wieder mit der Zubereitung des Mittagessens beginnen sollte. Für hin und zurück und dazwischen kreativ arbeiten, erschien mir das zu kurz. So kam es also zur förigen Stunde zu Hause und sie stellte mich vor die Herausforderung: Was mache ich nun mit dieser Stunde? Soll ich die Nachbarin zum Kaffee einladen? Soll ich endlich diese Lektion planen, die noch vorbereitet sein muss? Soll ich einen Text schreiben, das wäre ja auch kreativ? Aber zu welchem Thema? Zudem könnte ich ein bisschen putzen, es sieht nicht mehr sauber aus. Oder sollte ich besser schon mal den Newsletter vorbereiten, den ich für meine Kurse im 2. Halbjahr herauslassen will? Und wie ich dann überlegte, merkte ich, wie mich ein bekanntes Gefühl überkam: Ein zielloser Aktionismus. Solche Stunden führen nämlich manchmal leider nirgends hin, das habe ich schon mehrmals festgestellt. Vielleicht lag das daran, dass eigentlich keine meiner pendenten Aufgaben wirklich hochdringend erledigt werden musste. Meine Gedanken führten weiter: also wenn mein Aktionismus mich eher davon abhält, gute Resultate zu bringen und ich nichts dringend tun muss, könnte ich ja… … gar nichts tun?

Hilfe, wie kann man (Frau) sowas an einem hochsommerlich warmen Mittwochvormittag um zehn Uhr denken. Da meldete sich das Gewissen: Gar nichts tun geht doch nicht…. Oder vielleicht doch? Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung mit förigen Stunden, die nicht wirklich das Erhoffte brachten, wagte ich es: Ich packte ein Buch, legte mich auf den Liegestuhl und las ein paar Seiten. Und dann lag ich einfach da, schaute in die Luft, gähnte, entspannte mich, spürte meinen Körper kribbeln und schwingen, nahm meinen Puls wahr und genoss es einfach, dazuliegen und NICHTS zu tun. Nicht mal zu lesen. Und eine Stunde später stand ich frisch und motiviert auf, streckte mich und die Zeit vor dem Kochen hat sogar noch gereicht, ganz rasch diesen Text zu schreiben. Man wird eben viel effizienter, wenn man das tut, was wirklich das ureigenste Bedürfnis ist.

Begegnung mit der Musik

Ich muss gestehen: Ich bin (war?) musikalisch eine Niete. In unserer musikalisch doch einigermassen begabten Familie aufzuwachsen war für die weniger mit dieser Gabe Gesegneten eine Herausforderung. Es wurde viel gesungen, selbstverständlich immer mehrstimmig. Und ich hatte keine Chance, mich irgendwo anzuhängen und das Singen richtig zu lernen. Entweder zu hoch, zu tief oder nicht im richtigen Takt (ich). Leider hatten meine beiden älteren Geschwister meinen Anteil an musikalischem Talent geerbt, für mich blieb nichts.

Die elterliche, nett gemeinte Schubladisierung der Töchter: Erika kann malen, Brigitta kann singen – war auch nicht gerade förderlich. In meinen Kinderohren blieb hängen: Erika kann nicht singen. In Bigis Kinderohren blieb hängen, Brgitte kann nicht malen. Kinder ticken nun mal so. Welche Glaubenssätze ich meinen Kindern mitgegeben habe, daran wage ich im Moment gar nicht zu denken.

Meine Schwester hat mit über 40 Jahren begonnen, ihren negativen Glaubenssatz bezüglich Malen aufzulösen. Bei mir kam es nie ganz so weit. Immerhin sang ich viel mit Kindern, mit den eigenen und in der Spielgruppe. Das ging bei den einfachen Kinderliedern auch ordentlich, sobald es etwas komplexer wurde – ach lassen wird das…

Erst später habe ich getscheggt, dass ich nicht singen kann, weil ich mich leicht von anderen Stimmen ablenken lasse und dann dort mitsinge. Leider liess ich mich auch sonst im Leben oft weg von der eigenen Stimme lenken. Endlich hatte ich es begriffen!

So ist es denn nicht verwunderlich, dass mir das Wunder der Musik eher verschlossen blieb. Musik gehörte zwar passiv immer zu meinem Leben, auch entwickelten sich Vorlieben, doch das wahre Wunder lerne ich erst in den letzten Jahren, durch die heute viel feinere Wahrnehmung, kennen.

So komme ich heute Abend dankbar und entspannt von einem wunderschönen Konzert. Ich freue mich, gleich ins Bett zu liegen und die Musik weiter klingen zu lassen. Ich war und bin vollständig eingenommen von den Klängen. Ich sank in ein meditatives Gefühl. Ich spüre die Energie durch meinen Körper fliessen. Ich erhalte so viel von der Musik und erlebe tief berührende Begegnung mit den Klängen.

Ich kann nur erahnen, wie existenziell Musik für manche Ohren sein muss. Zum Glück durfte ich dieses Geschenk der Musik auch ein Stück weit öffnen.

Vergleich im Novembernebel

Heute beim Laufen wurde ich mir einmal mehr meiner sehr privilegierten Lebensweise bewusst. An einem gewöhnlichen Donnerstagmorgen konnte ich spazieren gehen. Dass dichter Nebel war, tat der Freude keinen Abbruch. Sogar einige Glücksmomente konnte ich erleben: Die vielen Blätter am Boden bildeten einen weichen, raschelnden Teppich im Grau, welchen ich genussvoll durchschritt. Einmal leuchtete ein pinkfarbenes Ästchen, so fest, dass ich ganz überrascht stehen blieb und mir dieses kleinen Momentes so intensiv bewusst wurde. Ich sammelte die eine und andere Herbstfrucht und kam nach über einer Stunde Marsch guter Dinge nach Hause. Zufrieden nahm ich mein iPhone zur Hand und las folgende SMS: «Ist bei dir auch so wunderbar schönes Wetter? Kein Wölkchen am Himmel und Sonnenschein».

Hm.

Etwas trotzig schreibe ich zurück, dass auch Nebel schön sei. Da ist es wieder, dieses Vergleichen. Nicht Neid, das ist zu viel gesagt, aber trotzdem bleibt irgendwie zurück: Ich hätte es ja noch besser haben können, wenn ich mich kurz ins Auto gesetzt hätte und in die Höhe gefahren wäre.

Hm.

Gestern habe ich meiner Freundin gepredigt, sich nur mit sich selbst und keinem Menschen sonst zu vergleichen. Und jetzt vergleiche ich sogar Nebel mit Sonne – oder Wetter mit Wetter. Als ob das eine besser wäre als das andere. So können wir immer wieder üben, nicht zu werten. Viel besser ist es, zu wertschätzen was gerade da

Zeitverlust?

Es hat sich ein neues Wort in die täglichen Verkehrsmeldungen geschlichen. Vor noch nicht allzu langer Zeit ist mir aufgefallen, dass das Wort «Wartezeit» bei den Staumeldungen einfach ersetzt wurde und im Verkehrsmeldungsdeutsch nicht mehr vorhanden ist; aus dem Wort «Wartezeit» ist das Wort «Zeitverlust» geworden.

Das stimmt mich nachdenklich. Eine Wartezeit ist also nun verlorene Zeit. Vorher konnte ich verlustfrei im Stau wartend den Gedanken nachhängen. Heute verliere ich gemäss Verkehrsmeldung Zeit, während ich warte, den Gedanken nachhänge oder 30 Minuten umherschaue. Ich habe also 30 Lebensminuten weniger, wenn ich 30 Minuten im Stau stehe. Einfach 30 Minuten verloren!! Mir tun all die Menschen leid, die täglich im Stau stehen.

Wohin gehen diese verlorenen 30 Minuten? Ins ungeduldige Fusswippen? Oder gehen die 30 Minuten beim sich über den Stau ärgern verloren? Ja, wenn das so ist, dann habe ich wohl tatsächlich 30 Minuten Lebenszeit verloren. Zumindest qualitativ gute Lebenszeit.

Darum habe ich beschlossen: Ich bleibe bei der Wartezeit. Ohne mich zu ärgern, ohne Fusswippen warte ich. Ich konzentriere mich auf den Atem, atme mal tief ein und aus. Ich hänge den Gedanken nach, ich schaue umher und ich gewinne!! Wer immer wieder im Stau steht, ohne sich zu ärgern, gewinnt Zeit für sich. Tag für Tag.

Daraus zu schliessen, dass ich ein Fan von Staus bin, wäre falsch. Aber ich nehme einfach was ist und mache das Beste draus.

Begegnung mit einem Wutbürger

Die Wutbürger sind die unangenehmeren Zeitgenossen. Wir alle kennen sie, diese Besserwisser und unmöglichen Nörgler. Neulich hatte ich mal wieder eine Begegnung mit so einem Wutbürger. Wer es war? Ich selbst! Natürlich merkte ich das nicht sogleich. Zuerst musste mein Mann dafür herhalten.

Scheinbar grundlos war ich hässig. Zuvor beendeten wir eine kurze Diskussion, weil jegliche Diskussionen über das anstehende Thema einmal mehr ins Leere geführt hätten. Ich gab mir alle Mühe, die Wut zu verbergen, aber es gelang nicht. Mein Mann blieb dauerhaft freundlich und fragte sich wohl, warum ich hässig war. Irgendwann, als meine Wut über ihn und die verschiedenen Sichtweisen, mit denen wir zeitweise leben, etwas verraucht war, fragte ich mich, ob das wirklich mit ihm zu tun hat oder ob es vielleicht vielmehr nur mit mir zu tun haben könnte? Am liebsten würde ich ihn manchmal schon ändern, obwohl in allen psychologischen Ratgebern steht, dass das leider nicht möglich ist.

Also musste ich mich selbst ändern. Und dann beschloss ich, viel öfters all dieses und jenes selbst zu tun, was ich gerade brauchte und was ich von ihm erwartet hätte oder gerne mit ihm unternommen hätte (ja, solche Erwartungen habe ich manchmal und ich bin fast sicher, dass auch DU Erwartungen an andere Menschen hast). Ich habe mir gegeben, was ich brauchte und was mir mein Mann eben nicht immer geben kann und will.

Einmal mehr wurde mir gespiegelt, was ich an mir ändern kann. Alles, was mich in Wut oder in Selbstzweifel oder in Trauer stürzt, hat direkt mit mir zu tun. Nur ich kann mich ändern, andere Menschen kann ich nicht verändern. Seit dieser Erkenntnis geht es mir und meinem inneren Wutbürger sehr gut.

Beim Anstehen an der Kasse

In solchen Kassenkolonnen kann es schöne Begegnungen geben. Oder es wird sich gar nicht begegnet, weder Grüezi noch Ade. Oder – was leider recht häufig ist, es gibt auch absolut sinnfreie Begegnungen:

«Sali Erika, ja, so viel WC Papier. Ja weisst du, es ist grad Aktion; ich kaufe es immer in der Aktion. Da nehme ich jetzt gleich eine grosse Menge.»

«Klar, das kann man immer brauchen», sage ich, ohne jedoch ein solches Riesenpack zu schnappen.

«4 lagig. Ja, das muss es schon sein. Nicht wegen mir, aber für meinen Mann ist das schon besser», meint meine Kolonnenbegegnung. «Und weich sein muss es für ihn, Hackle, das ist sicher ein gutes Papier.»

Hilfe, interessiert mich das? Bevor sie von den Hämorrhoiden Problemen ihres Mannes zu erzählen beginnt, auf deren Beschreibung ich im Moment komplett verzichten kann, muss ich wohl etwas sagen. «Ich kenne es nicht. Ich kaufe immer das gleiche. Aus Recycling Papier, ist auch schön weich»

«Aha, Recycling. Gibt es das????»

«jaja, das ist auch sehr gut. Sicher auch mehrlagig. Keine Ahnung»

Offenbar Neuland für meine Kolonnenbegegnung, darum macht sie sofort einen Themenwechsel, bzw. einen Artikelwechsel: «Ja, und hast du das gesehen? Etwas Neues, Rosmarinbrot. Nur 3-5 Minuten aufbacken und fertig.»

Das interessiert mich noch weniger. Ich nicke freundlich und bin froh, dass die Dame endlich an der Reihe ist. Sie sollte als Produkte Promotorin arbeiten!

Ich möchte die Begegnung nicht sinnLOS nennen, nur, ich kann den Sinn gerade nicht finden. Vielleicht kann ich aus dieser Begegnung nehmen, wie ich nie sein möchte. Stopp. Halt. Sichern. Langsam dämmert es mir: Es war ihr so wichtig, ihren Einkauf zu rechtfertigen. War es einfach Unsicherheit? Vielleicht war ich mal so und hätte lieber nie so sein wollen?

Ich schaue jetzt liebevoll auf die Begegnung an der Kasse zurück, die einen Sinn erhalten hat. Ich verzeihe ihr und mir die Oberflächlichkeit aus der Unsicherheit. Offenbar ist wirklich keine Begegnung ohne Sinn. Der Sinn ist, zu verzeihen, daraus zu lernen und zu wachsen.

Vom Lästern

Geht gar nicht! - oder got gar ned, der Lieblingstext von vielen, die sich grad über die Taten, Gewohnheiten oder Aussagen von Nachbarn, Ehemännern, Flüchtlingen oder nicht anwesenden Freunden auslassen. Das Gespräch macht keinen Halt – am allerwenigsten vor Abwesenden. Es gibt keine Chance, sich zu wehren oder zu rechtfertigen. Da geht es gar nicht, was diese oder jene Person gesagt oder getan hat, oder dass sie schon wieder …. Oder dass sie noch nicht und überhaupt.. Manchmal – ganz selten - geht es ja um wirklich wichtige Dinge, die gar nicht gehen, halt aber aus einem uns nicht bekannten Grund einfach so sind. Manchmal wäre es gut, sich nach einer Begründung zu erkundigen, anstatt ein got gar ned zu platzieren. Got gar ned!

Wer ist denn das, oder wer meint er oder sie zu sein, die oder der sagt, was geht, respektive eben nicht geht? Und damit bin ich mitten drin im Lästern, Werten und Bewerten. Keinen Deut besser als die bewertende Mehrheit. Got gar ned - über Abwesende sprechen sollte eigentlich verboten sein. Alle tun’s. Leider. Und alle wissen, dass man es nicht tun würde, das Lästern.
8.17

Metamorphose

Frühjahr 2017 - Grippe ist angesagt. Noch nie habe ich so viele Grippebetroffene erlebt, die seit Wochen (!) mit der Grippe beschäftigt sind. Auch mich hat es erwischt. Das erste Mal überhaupt in meinem Erwachsenenleben - und ich bin nicht mehr jung! - lag ich wegen einer Erkältungsgrippe tagelang flach.

Nach den langsam abgeklungenen Erkältungssymptomen (nach fast vier Wochen) plagt mich immer noch ein Husten und neu eine Augenlidentzündung, die mich kranker aussehen lässt als ich bin. Innerlich fühle ich mich bereit und stark genug um wieder loszufliegen - ein bisschen wie ein Schmetterling nach der Metamorphose. Doch lässt sich das (Grippe)Kleid nur schwer abstreifen - es bremste mich in den letzten Wochen immer wieder. Die nicht wirklich freiwillige Ruhephase liess mir viel Zeit zum Nachdenken. Ich durfte nicht losfliegen, sondern musste immer wieder auf mich hören – im wahrsten Sinne des Wortes. Durch starken Ohrendruck überschlugen sich Geräusche und schnell war es mir zu laut. Was ich hingegen sehr gut wahr nahm: Mich selbst. Meine Stimme, meinen Atem. Und wenn ich mich körperlich übernahm oder Lautstärke ausgesetzt war, klopfte der Puls bedrohlich laut in meinen Ohren.

Ich spürte: ich muss etwas in meinem Leben ändern. Ja ändern, nicht nur anpassen, anpassen ist ein zu schwaches Wort. ICH MUSS NEUE WEGE GEHEN. Wege, die sich mir immer wieder ein bisschen zeigten, mir aber bisher der Mut fehlte, sie zu beschreiten. Und nun, in der Metamorphose, wird plötzlich deutlicher, wohin es mich zieht und was ich nicht mehr will wie es ist. Dieser Weg wird eine Herausforderung und die Gefahr ist gross, wieder im bisherigen Alltag zu landen. Mein Ziel ist, besser auf mich zu hören, mir noch mehr Zeit für jene Dinge zu nehmen, die mir so viel geben im Leben: Malen. Gestalten. Schreiben:). Kurse organisieren. Meditieren. Mich im Aussen als Kreative zeigen. Dazu muss ich in erster Linie vollständig zu mir stehen können, meine Zeit gezielter nutzen und Prioritäten anders setzen. Das heisst (leider!) auch, öfters mal NEIN sagen und gewisse Menschen, so gern ich sie habe, seltener zu treffen. Damit mir Raum und Zeit für meine persönlichen, wirklich wichtigen Dinge bleibt.

Meine Vision: Wenn alle Grippebetroffenen die Chance der Metamorphose wahrnehmen und von Herzen gewillt sind, in ihrem Leben zu Dinge so zu verändern, dass sie mehr sich selbst sein können, fliegen bald viele zusätzliche Schmetterlinge am Himmel. Schmetterlinge, die sich dank genug Zeit und Raum darauf besonnen haben, was ihnen wirklich guttut, was sie in Liebe und Frieden mit sich und ihrer Umwelt leben lässt.

Ja, es ist eine Vision. Meine eigene, persönliche Vision, die umzusetzen viel Ausdauer, Mut, Dranbleiben, bei mir bleiben bedingt. Wenn ich das schaffe, schaffen andere das auch. Wenn andere das schaffen, schaffe ich das auch. Wagen wir uns gemeinsam an diese Herausforderung, freuen uns über jeden Fortschritt und bewundern jeden neuen Schmetterling am Himmel!
3.17

Pünktlich zu früh

Der heutige Tag fing früh an. Zehn Minuten vor der abgemachten Zeit, 06.40 Uhr, traf Claudia ein. Da ich die beste und längste meiner lieben Freundinnen kenne, war ich natürlich schon bereit zur Abfahrt. Die ersten zehn Jahre unserer Freundschaft hätte meine längste Freundin nun 15 Minuten auf mich wartend verbracht, bis ich fünf Minuten nach der vereinbarten Zeit Abfahrt bereit gewesen wäre. Die nächsten zehn Jahre hat sie bei ihren obligaten zehn Minuten zu früh immer noch zehn Minuten auf mich gewartet - obwohl ich endlich langsam pünktlich wurde. Die letzten fünf Jahre versuche ich meine Pünktlichkeit bei ihr noch um fünf Minuten zu verbessern, und heute waren es gar zehn Minuten, die ich zu früh bereit war. Ja, seit 25 Jahren wartet die treue Freundin bei fast jeder Abmachung auf mich. Hätten wir uns in diesen 25 Jahren zweimal im Monat getroffen – was durchaus hinkommt, wartete Claudia 100 Stunden auf mich – mehr als zwei Arbeitswochen!

Bei dieser Warterei und meinem schlechten Gewissen gegenüber meiner Freundin musste ich meine Pünktlichkeit schon ein bisschen verbessern. Jeder nicht so pünktliche Mensch weiss, dass das eine riesige Herausforderung für mich gewesen sein musste. Es gab immer etwas zu tun, die zehn Minuten hatte ich immer sinnvoll zu nutzen gewusst. Mal war es noch schnell Schuhe putzen, noch schnell die Wäsche abnehmen oder aufhängen, das Telefon klingelte gerade oder mit dem Hund noch Gassi gehen und ein paar Streicheleinheiten geben, das Katzeklo noch sauber gemacht werden oder eines der Kinder brauchte etwas. Alles musste «noch schnell» erledigt werden und ich konnte mir unmöglich vorstellen, mehr als zwei Arbeitswochen im Auto sitzend zu warten. Dazu hatte ich schlicht keine Zeit. Meinte ich. Doch es wurde auch nachdem Hund und Katz uns verlassen haben und die Kinder grösser wurden nicht besser.

Bis ich durch Claudia die Qualität des Wartens kennen lernen konnte. Irgendwann begriff ich, dass ich die Wäsche auch noch zwei Stunden länger hängen lassen kann, dass ich die Schuhe schon eine Stunde vor der Abfahrt putzen könnte oder dass ich mich rechtzeitig aufbrezeln könnte. Dass ich ein Telefon klingeln lassen kann und irgendwann zurückrufe. Dass ich, während ich dann warte, auch mal ganz tief ein- und ausatmen könnte. Und dass Warten etwas Schönes ist. Irgendwann habe ich das begriffen. Man kann wundervoll nachdenken und merken, wie wertvoll eine Freundin ist, die mir die Augen für die achtsamere Wahrnehmung öffnet, die ohne Murren immer (über-)pünktlich und zuverlässig da ist und die zwei volle Arbeitswochen auf mich wartend verbringt. Das ist ja eine enorme Wertschätzung für mich, dass sie so lange gewartet hat.

Anstatt «noch-schnell» lernte ich, Prioritäten zu setzten. Aus meinem anfänglichen «dazu-habe-ich-schlicht-keine-Zeit» ist ein «Juhui- ich-habe-fünf-Minuten-Zeit-für-mich» geworden. Geht auch so. Einfach entspannter.
9.17

Blühendes Vertrauen

Blühendes Vertrauen
Dass Vertrauen wachsen kann, ist bekannt. Doch wo etwas wachsen soll, muss ein Samenkorn liegen, eingebettet in die Erde, versorgt mit genügend Wasser und der Zuwendung der Sonne. Wer oder was ist der Samen des Vertrauens? Der Samen ist jener Teil, den ich mit auf die Welt erhalten habe und der in meiner Kindheit gelegt wird. Oder den ich mir im Laufe des Lebens erarbeite. Es gibt nicht nur den einen Vertrauenssamen, sondern hunderte mögliche Samen, die sich mehr oder weniger entwickelt haben. So wie es verschiedene Arten von Vertrauen in Dinge, in Menschen, in höhere Mächte, in mein persönliches Können, Tun und Handeln, in mein Selbst gibt, gibt es verschieden entwickelte Stadien des Vertrauens.

Bei vielen Frauen könnte das Selbstvertrauen besser entwickelt sein. Oder das Vertrauen in den Partner und in die könnte Kinder grösser sein. Oder vielleicht mangelt es überhaupt am Grundvertrauen ins Leben? Sobald es irgendwo an Vertrauen mangelt, können sich Ängste breitmachen. Oft ist es möglich, dieser Angst auszuweichen. Will ich mich ihr jedoch stellen, muss ich Vertrauen schaffen. Schaffen tönt nach Arbeit und das ist es auch. Arbeit in und an meinem Inneren mich dadurch stärken.

Manchmal stelle ich mir eine Schneckenhausartige Höhle vor, wohin ich mich jederzeit zurückziehen kann. Der Rückzug in mein Inneres ist die Erde für den Vertrauenssamen. Dann beginnt die Arbeit: Der Samen muss gehegt, gepflegt, gegossen und mit Sonne versorgt werden. Doch wie mache ich das ganz konkret? Wo ist mein persönliches Schneckenhaus? Mit Ruhe, Meditation oder Gebet gelange ich in das Schneckenhaus, in meinen wunderbaren persönlichen Rückzugsort. Je öfter und je lieber ich mich dort aufhalte, umso besser kann ich mein Vertrauen beim Wachstum unterstützen. Je grösser und stärker das Vertrauen wird, desto geringer ist die Gefahr, dass es mir jemals genommen werden kann.

Wenn sich die Vertrauenssamen entwickeln und teilweise erblühen, wachsen aus meinem Schneckenhaus zauberhafte, unwirkliche, riesige Blumen. Ich kann das Schneckenhaus jederzeit verlassen und durch den zauberhaften Wald schreiten. Ich habe die Möglichkeit, direkt aus dem Vertrauen heraus zu gehen. Durch das starke Innenleben kann ich vertrauensvoll im Aussen leben. Die Ängste lösen sich auf.

Wenn sich die Blüten öffnen, wird es danach neue Samen geben, die sich wiederum zu wundervollen Blumen oder blühenden Bäumen entwickeln. Das Vertrauen ist gestärkt und erblüht. Was im Inneren blüht, strahlst du nach aussen aus. So ein blühendes starkes Vertrauen wünsche ich dir und mir. Und herzerwärmenden Sonnenschein. Denn was unser Herz wärmt, stärkt uns: Liebe, Familie, Freundschaft, Freunde treffen, Feste feiern, Musik hören, Malen etc. Let the Sunshine in. Schaffe blühendes Vertrauen, Lebe.
3.17

Mit Ausdruck beeindrucken

Mit Ausdruck beeindrucken und ausdrücken

Mein Drucker druckt aus, ich drücke (mich) aus. Uns beide, den Drucker und mich, unterscheiden bloss zwei kleine Punkte auf dem «u». Gemeinsam ist dem Drucker und mir, dass genau jenes ausgedruckt (-drückt) wird, was ich in Auftrag gebe. Der Drucker erledigt diese Aufgabe in der Regel – ich kenne auch anderes! - einwandfrei. Meine Haltung, mein Gesicht, mein Schreibstil, meine ganze Erscheinung drücken ebenfalls genau aus, was ich gewollt oder ungewollt «in Auftrag» gegeben habe. Ich drücke mich IMMER aus, bei allem was ich sage und tue, auch wenn ich nichts sage, nichts tue. Meine Gedanken und meine Gefühle geben den Auftrag für den Ausdruck über Haltung, Mimik, Gestik. In meinem ganzen Leben bin ich dauernd dran, mich auszudrücken. Diese Aufgabe erledige ich garantiert sicherer als mein Drucker. Denn Ausdruck ist ein MUSS des Menschen, eine Lebensaufgabe. Babys verleihen ihren Gefühlen Ausdruck durch Weinen oder Lächeln, später auch durch Sprache – und irgendwann durch Malen.

Ohne mir dessen bewusst zu sein, also Unbewusst gebe ich mir Ausdruck. Ich kann meinen Ausdruck auch bewusst steuern; mit meiner Kleidung, meiner Frisur und selbstbewusstem Auftreten kann ich mich selbst ausdrücken und mich ins «richtige» Licht rücken. Was ich ausdrücken möchte, kann etwas sein, was ich unter Umständen gar nicht bin; ich bin ich ja viel mehr als mein Äusseres. Und wer bin ich denn eigentlich im Innersten? Was davon und wie will ich das, was ich bin, ausdrücken? Je besser ich mich kenne und je genauer ich weiss, welche Gefühle mich gerade bewegen, umso deutlicher kann ich mich ausdrücken, um so bewusster wird das Unbewusste. Ich weiss wer ich bin. Und das zeigt sich dann in den verwendeten Worten, in meiner Haltung, in meinem Gesicht, in meiner Kleidung, in meinem Mal- oder Schreibstil. Je bewusster ich meine Gedanken und alle meine Gefühle wahrnehme, desto präziser entspricht mein Ausdruck meinem bewussten «Auftrag».
Genau das passiert auch beim Malen: Sich über Form und Farbe auszudrücken ist ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen. Ich befriedige dieses Bedürfnis nach Ausdruck und Kreativität, nehme dabei verschiedene Gefühle wahr und drücke sie auf dem Papier aus. Das gibt mir Klarheit und ich lerne mich besser kennen. Unbewusstes wird bewusst, und ich kann auf dem Papier schon mal Lösungsstrategien entwickeln, wie ich damit umgehen kann oder will, oder ich merke, was mir eigentlich wichtig wäre.

Ist mein Inneres und mein Äusseres übereinstimmend, hinterlasse ich bei meinem Gegenüber mit Sicherheit den gewünschten Eindruck. Ich beeindruckeJ. Mein Gegenüber kann irritiert sein, wenn mein innerer und äusserer Ausdruck nicht übereinstimmen. Der Ausdruck entspricht dann nicht meinem gewünschten Eindruck, den ich geben möchte, also «Druckauftrag» nicht richtig gegeben. Durch überarbeiten kann ich das glücklicherweise verändern. Überarbeiten ist, wie es das Wort sagt, mit Arbeit verbunden. Wie ich das angehen möchte steht mir frei: Soll mein äusserer Ausdruck dem inneren angepasst werden, oder muss ich an meinem Inneren arbeiten, damit mein Ausdruck als übereinstimmend wahrgenommen wird?
Zudem streikt mein Drucker manchmal. Fehlt die Farbe, verweigert er mir die Weiterarbeit und wartet auf die Ersatzpatrone. Ebenso bei Papierstau, da wollte zu vieles auf einmal ausgedruckt werden – Drucker ausschalten, Papier entfernen, wieder herauffahren. Und manchmal verliert er die W-Lan Verbindung zum Computer – der Ausdrucksauftrag wird einfach nicht ausgeführt. Leider unterscheidet dies den Menschen vom Drucker: Wir Menschen übergehen unsere fehlende Farbe im Leben; wir Menschen arbeiten oft weiter, auch wenn wir uns eigentlich gar nicht mehr ausdrücken mögen; wir Menschen funktionieren einfach weiter, auch wenn wir die Verbindung zum PC (unserem Innenleben!) verlieren. Der Drucker hat zwar keinerlei Gefühle (meines Wissens), aber er weiss sehr gut, wann er nicht weiterarbeiten kann und menschliche Zuwendung braucht. Manchmal ist so ein gefühlloser Drucker näher bei unseren Gefühlen als wir Menschen…
2.17